Private Krankenversicherung – Die größten Vorurteile und was tatsächlich stimmt

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Private Krankenversicherung

Die größten Vorurteile und was tatsächlich stimmt

Die Leistungen der Tarife in der privaten Krankenversicherung sind denen der gesetzlichen zwar überlegen, doch dafür sind die Versicherungsbeiträge höher. Und vor allem im Alter treiben sie den einen oder anderen in die Armut. Das sind die zwei häufigsten Vorurteile gegenüber der PKV. Doch wie wahr sind sie? Hier kommen die Tatsachen.

Von Manila Klafack | Druckansicht

Bei Gesprächen, in denen es um eine private oder eine gesetzliche Krankenversicherung geht, tauchen immer die gleichen Argumente auf. Pro PKV: Die Leistungen sind auf jeden Fall besser als in der GKV. Kontra PKV: Im Alter sind die Beiträge unerschwinglich und ein Wechsel in die günstigere GKV ist nicht mehr möglich. Hier kommen die Fakten zu fünf dieser Vorurteile:

Vorurteil 1: Die Leistungen der privaten Krankenversicherung sind immer besser als in der gesetzlichen.

Tatsache: Das gilt nicht pauschal für alle Tarife. Denn nachdem auch in der PKV die Krankenversicherungspflicht im Jahr 2009 eingeführt wurde und sich dennoch manche Kunden die Beiträge nicht leisten konnten, wurden die sogenannten Notlagentarife eingeführt. Während die Basis-Tarife in der PKV als günstigste Variante den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen und für einen Versicherungsnehmer frei wählbar sind, gilt das für den Notlagentarif nicht. Hier besteht ein Behandlungsanspruch auch nur bei chronischen Krankheiten, Schwangerschaft und Mutterschaft sowie akuten Schmerzen und medizinischen Notlagen. Zudem werden die früher angesparten Altersrücklagen aufgebraucht.

Im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung besteht jedoch in der PKV die Möglichkeit, deutlich bessere Leistungen zu wählen. Je nachdem welche Schwerpunkte in der medizinischen Behandlung und Betreuung der Versicherte legt, kann er sich für oder gegen Leistungen und Versicherungsunternehmen entscheiden. Diese Wahlmöglichkeit besteht so in der GKV eben nicht. Die Grundversorgung ist für jedes Mitglied einer Krankenkasse gleich. Obwohl sich die Kassen in zusätzlichen Angeboten durchaus unterscheiden. Darüber hinaus kann ein Kassenmitglied sich durch den Abschluss einer Krankenzusatzversicherung ebenfalls weitere Leistungen sichern.

Vorurteil 2: Die Beiträge der PKV sind hoch und sie steigen ständig.

Tatsache: Die Beiträge richten sich nach dem Tarif, dem Alter und Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers. Je jünger und gesünder jemand ist, desto günstiger sind auch die Top-Tarife. Andere Tarife mit einem Leistungspaket, das dem der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht, sind zudem günstiger als diejenigen mit umfangreicheren Leistungen. Allerdings kann in jedem Fall der Versicherungsnehmer den Umfang seiner Krankenversicherung selbst bestimmen.

Zudem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass beispielsweise für einen besser verdienenden Angestellten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zu 684 Euro (nämlich 14,6 Prozent von der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze von 4.687,50 Euro für 2020) jeden Monat für die Krankenversicherung anfallen. Hinzu kommt der Zusatzbeitrag, der je nach Krankenkasse derzeit bis zu 1,5 Prozent betragen kann. Da sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer diesen Beitrag teilen, wird es für den Angestellten vermeintlich günstiger. Dafür bekommt er aber auch nur die Leistungen, die jemand erhält, der deutlich weniger einzahlt. Das entspricht dem Solidargedanken der GKV. Stockt er jedoch die gesetzlichen Leistungen etwa beim Zahnersatz für sich oder seine Kinder mit einer privaten Zusatzversicherung auf, muss das dazu addiert werden.

Beitragserhöhungen in der PKV geschehen nicht willkürlich. Steigen die Behandlungskosten etwa durch den medizinischen Fortschritt, wirkt sich das auf die Beiträge ebenso aus, wie eine steigende Lebenserwartung. Beides beeinflusst allerdings auch die Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherung. Erhöht ein Versicherer infolgedessen die Prämie, informiert er seinen Kunden darüber. In der GKV werden der Beitrag oder der Zusatzbeitrag erhöht oder die Leistungen werden gesenkt.

Vorurteil 3: Im Alter sind die Prämien nahezu unbezahlbar.

Tatsache: Die PKV wird nicht teurer, weil der Versicherungsnehmer älter wird. Vielmehr ist das bereits in den heutigen Beiträgen einkalkuliert. Die Alterungsrückstellungen, die aufgrund der Lebenserwartung gebildet werden, federn genau dies ab. Jedoch können der medizinische Fortschritt und eine steigende Lebenserwartung für Beitragssteigerungen sorgen.

Vorurteil 4: PKV ist für Familien ungeeignet, weil es anders als in der GKV keine beitragsfreie Familienversicherung gibt.

Tatsache: Eine beitragsfreie Familienversicherung wie es sie in der GKV gibt, sehen die Tarife der privaten Anbieter nicht vor. Dennoch kann dieses Vorurteil entkräftet werden. Denn zum einen bietet die PKV Kindern ebenfalls mehr Leistungen an als sie in der gesetzlichen Absicherung vorhanden sind. Zum anderen gibt es zunehmend Tarife mit Leistungsbausteinen für die Familie, wie Beitragsfreiheit oder Beitragsrückerstattungen in der Elternzeit. Zudem erhalten Beamte für die Absicherung ihrer Sprösslinge ebenfalls eine Beihilfe ihres Dienstherrn.

Vorurteil 5: Ein Wechsel zurück in die GKV ist nicht möglich.

Tatsache: Das stimmt nicht in jedem Fall. Allerdings ist ein häufiger Wechsel zwischen den Systemen nicht so einfach und auch nicht gewollt. Es soll so unterbunden werden, dass beispielsweise junge Menschen von den umfangreicheren Leistungen der PKV zu günstigeren Konditionen profitieren und später, wenn sie älter und meist kränker sind und höhere Kosten verursachen, die Solidargemeinschaft der GKV belasten. Ein Wechsel für Menschen ab 55 Jahren ist daher tatsächlich nahezu unmöglich.
Sobald jedoch ein versicherungspflichtiges Einkommen erzielt wird, das unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze (62.550 Euro für 2020) liegt, kann ein Beschäftigter in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln. Das neue Teilzeitbrückengesetz bietet dafür eine Möglichkeit. Durch das Arbeiten in Teilzeit für einen festgelegten Zeitraum kann das Einkommen so reduziert werden, dass das Gehalt unter diese Grenze fällt.

Autorin:

Manila Klafack

Manila Klafack ist freie Journalistin und Diplom-Kauffrau und schreibt seit 2016 für Pfefferminzia. Nach ihrer Ausbildung als Redakteurin verantwortete sie in verschiedenen mittelständischen Unternehmen den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit.