Pflegebedürftigkeit: So beantragen Sie Leistungen aus der Pflegeversicherung

Häufig entwickelt sich Pflegebedürftigkeit schleichend. Bei ersten Anzeichen sollte man schnell handeln.Pixabay

Pflegebedürftigkeit

So beantragen Sie Leistungen aus der Pflegeversicherung

Wird man selbst oder jemand aus der Familie pflegebedürftig, ist schnelles Handeln gefragt. Denn erst mit Antragstellung, nicht mit Entstehen der Krankheit, besteht Anspruch auf Pflegegeld. Wie der Antragsprozess abläuft.

Von Manila Klafack | Druckansicht

Ein Schlaganfall kommt plötzlich – und danach ist oft nichts mehr wie zuvor. Das Sprechen funktioniert nicht mehr richtig oder man kann einen Arm nicht mehr wie früher benutzen. Nach solch einem unerwarteten Ereignis, aber speziell auch, wenn sich bei älteren Menschen schleichend eine immer größere Hilfsbedürftigkeit einstellt, gibt es Unterstützung für den Alltag: die gesetzliche Pflegeversicherung.

Ein Anruf genügt: So stellen Sie den Pflegeantrag

Diese Pflegeversicherung ist bei der Krankenkasse des Pflegebedürftigen angeschlossen. Daher reicht es im ersten Schritt aus, den Pflegeantrag an die Krankenkasse mit einem Weiterleitungsvermerk zu senden. Außerdem kann der Antrag formlos telefonisch, per E-Mail, Fax oder Brief gestellt werden. Dazu genügt der Satz: „Hiermit stelle ich einen Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung“.

Diesen Antrag stellt die pflegebedürftige Person oder, sollte sie nicht in der Lage sein, ein Bevollmächtigter – mit Ausweiskopie und Kopie der Vollmacht. Grundsätzlich gilt dabei, den Pflegeantrag so früh wie möglich zu stellen. Denn erst mit dessen Eingang wird bei einem berechtigten Anspruch auch das Pflegegeld an den Pflegebedürftigen gezahlt. Der Umfang der Leistung hängt dabei maßgeblich davon ab, wie gut oder eben schlecht der Antragsteller seinen Alltag meistern kann.

Wie der Antrag ausgefüllt wird

Sobald der formlose Antrag bei der Pflegekasse angekommen ist, wird das eigentliche Formular zur Beantragung der Leistung an den Pflegebedürftigen verschickt. Hier müssen zunächst alle personenbezogenen Daten eingetragen werden. Anschließend geht es um die Leistungen, die beantragt werden. Die Entscheidung hier hängt vor allem davon ab, wo und wie die Pflege stattfindet, ob in den eigenen vier Wänden durch Angehörige und/ oder einen ambulanten Pflegedienst oder in einem Pflegeheim.

Hier sollten sich die Pflegebedürftigen im Vorfeld genau überlegen, wie die Pflege bestmöglich ausgestaltet werden kann, um die Leistungen entsprechend einzufordern. Denn jede spätere Änderung zieht einen erneuten Antrag bei der Pflegekasse nach sich.

An wen kann sich der Antragsteller bei Fragen wenden?

Sollte dem Antragsteller beim Ausfüllen des Formulars etwas unklar sein, besteht ein gesetzlicher Anspruch auf eine Pflegeberatung durch die Pflegekasse innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung. Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband bietet auf seiner Seite eine Ausfüllhilfe an. Zudem bietet das Zentrum für Qualität in der Pflege eine Datenbank, über die regionale Anlaufstellen gesucht werden können.

Pflegebedürftigkeit erst ab einem bestimmten Maß der Einschränkung

Bei der Antragstellung geht es darum festzustellen, inwieweit der Betroffene „gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen“ allein bewältigen kann. Pflegebedürftige sind in der Regel nur noch eingeschränkt in der Lage, körperlich, kognitiv oder psychisch ihren Alltag zu schaffen. In dieser Situation sind sie auf Betreuung angewiesen.

Die Einschränkungen müssen jedoch „dauerhaft“ sein oder für voraussichtlich mindestens sechs Monate gelten. Im Falle des oben genannten Schlaganfalls besteht je nach Verlauf und Schwere der Schädigung durchaus die Möglichkeit, dass keine dauerhafte Pflege notwendig ist. Kommt es aber zu Lähmungen oder Beeinträchtigungen beispielsweise beim Aufstehen, Greifen oder Gehen, dann kommt eine Pflegegrad und damit eine Leistung aus der Pflegeversicherung in Betracht. Fünf Pflegegrade gibt es. Beim ersten sind die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit gering, beim fünften Pflegegrad handelt es sich um „schwerste Beeinträchtigungen mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung“.

Was geschieht nach der Antragstellung?

Nachdem der Antrag bei der Pflegekasse der Krankenversicherung online oder telefonisch gestellt wurde, beauftragt die Krankenkasse ein Gutachten über die Beeinträchtigungen. Der Gutachter empfiehlt der Pflegekasse daraufhin eine Einstufung in einen Pflegegrad. Der bildet die Grundlage dafür, wie viel Geld oder Sachleistungen der Pflegebedürftige bekommt. In der Regel erhält der Pflegebedürftige den Bescheid innerhalb von 25 Arbeitstagen. Sollte das Ergebnis nicht dem entsprechen, was dem Betroffenen als angemessen erscheint, kann er Widerspruch bei der Pflegekasse einlegen.

Wie kann der Temin mit dem Gutachter vorbereitet werden?

Es lohnt sich, gut vorbereitet in das Gespräch mit dem Gutachter zu gehen. Zudem sollte möglichst eine Vertrauensperson, entweder ein Familienmitglied oder eine Pflegekraft, anwesend sein. Um qualifizierte Antworten auf die Fragen geben zu können, ist es sinnvoll, ein Pflegetagebuch zu führen. Damit können Fragen danach, welche Handlungen selbstständig beziehungsweise mit Hilfe oder gar nicht mehr ausgeführt werden können, leichter beantwortet werden. Alle relevanten medizinischen Unterlagen sollten ebenfalls bereit liegen. Und die Betroffenen sollten – für viele ist dieser Punkt die größte Überwindung – offen, ehrlich und ohne falsche Scham zugeben, wobei sie Hilfe benötigen. Nur mit diesen Angaben kann sich der Gutachter ein realistisches Bild verschaffen. Das wiederum dafür sorgt, dass der Pflegebedürftige letztlich die benötigte finanzielle Unterstützung erhält.

Die gesetzliche Pflegeversicherung übernimmt aber immer nur einen Teil der entstehenden Kosten. Der Rest muss durch eigene Mittel gestemmt werden. Hier kann eine private Pflegezusatzversicherung die gesetzlichen Leistungen ergänzen.

Autorin:

Manila Klafack

Manila Klafack ist freie Journalistin und Diplom-Kauffrau und schreibt seit 2016 für Pfefferminzia. Nach ihrer Ausbildung als Redakteurin verantwortete sie in verschiedenen mittelständischen Unternehmen den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit.