Typische Vorurteile PKV – PKV – Zu teuer, zu elitär und Umkehr unmöglich?

Operation in einem Pariser Krankenhaus mit mehreren Ärzten: Werden Privatpatienten besser behandelt?© Getty Images

Typische Vorurteile PKV

PKV – Zu teuer, zu elitär und Umkehr unmöglich?

Privatversicherte werden besser behandelt, dafür kostet die Mitgliedschaft in der PKV wesentlich mehr und wird im Alter unerschwinglich – so die häufigsten Vorurteile um die PKV. Aber stimmt das tatsächlich? Pfefferminzia überprüft diese häufigen Stereotype und fragt bei einem Experten nach.

Von Oliver Lepold | Druckansicht

Die Vorurteile sind praktisch so alt wie das duale System der Krankenversicherung in Deutschland. Und sie werden regelmäßig befeuert durch Medienberichte über lange Wartezeiten bei Fachärzten für gesetzliche Versicherte oder verarmte Rentner, die ihren Krankenversicherungsschutz verlieren, weil sie ihre gestiegenen PKV-Beträge nicht mehr aufbringen können.

Wir haben Jan Roß, Leiter des Maklervertriebs der Inter Versicherungsgruppe, gebeten, die typischen Vorurteile zu entkräften oder zu bestätigen.

Vorurteil 1: Die PKV wird im Alter immer teurer und schließlich unbezahlbar

Jan Roß: „Falsch. Anders als die GKV kalkuliert die PKV die Beiträge so, dass die Versicherten von Beginn an Vorsorge dafür treffen, dass im Alter der Bedarf an Leistungen steigt und die Beiträge bezahlbar bleiben. Durch die Altersrückstellungen belasten die 9 Millionen Privatversicherten die nachfolgenden Generationen nicht mit der Finanzierung ihrer Gesundheitskosten im Alter. Die PKV hat übrigens trotz Niedrigzinsumfelds 2017 eine Nettoverzinsung von 3,5 Prozent erwirtschaftet. Allein in dem Jahr wuchsen die Rückstellungen um 12,3 Milliarden Euro.“

Vorurteil 2: Die PKV ist für Familien weniger gut geeignet

Roß: „Auch falsch. Zwar gibt es in der PKV keine Familienversicherung, wie sie in der gesetzlichen Krankenversicherung üblich ist. Deshalb müssen Eltern für ihre Kinder einen eigenen Beitrag bezahlen, erhalten aber auch dementsprechende Leistungen. Und die PKV-Unternehmen haben zunehmend Tarife, die auch Leistungsbausteine für Familien enthalten, wie beispielsweise Beitragsfreiheit oder Beitragsrückerstattungen in der Elternzeit. Es besteht auch die Möglichkeit, sich in Familientarifen zu versichern. Ob ein solcher Familientarif sinnvoll ist, oder die Kinder individuell abgesichert werden, kann eine persönliche und individuelle Beratung klären.

Vorurteil 3: Ein Wechsel in die PKV lohnt nur, wenn man jung und gesund ist

Roß: „Was sich lohnt, sollte jeder Versicherte für sich persönlich definieren und damit ist das keine Frage von Alter oder Gesundheit. Bei dem Vorurteil wird versucht, das Thema Krankenversicherung auf einen monatlichen Beitrag zu reduzieren. Das ist zu wenig. Wenn man in die private Krankenversicherung wechseln kann, sollte man Kosten aber auch Leistungen vergleichen. Die GKV-Kosten und verschiedene PKV-Beiträge, eventuell zuzüglich Zuschläge für den aktuellen Gesundheitszustand, müssen dabei langfristig und während des Erwerbslebens aber auch in der Rentenphase betrachtet werden, um einen ganzheitlichen Vergleichswert zu erhalten. Steuerliche Aspekte und gegebenenfalls Arbeitgeberzuschuss müssen mitbetrachtet werden. Erst dann kann jeder für sich selbst entscheiden, ob sich ein Wechsel, ob aus finanziellen Gründen oder aus Leistungsaspekten, lohnt oder nicht.“

Vorurteil 4: Die Versorgung in der PKV unterscheidet sich gar nicht so maßgeblich vom GKV-Standard

Roß: „Doch. Während die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung stets ‚ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich‘ sein müssen, zählt in der PKV lediglich der Faktor der medizinischen Notwendigkeit bezogen auf die versicherten Leistungen. Das ist ein großer Unterschied. Und so besteht in der Privatversicherung eine sehr hohe Bandbreite der Leistungsstärke. Es gibt durchaus kostengünstige Tarife, die man noch unterhalb des GKV-Niveaus ansiedeln kann, jedoch auch sehr viele leistungsorientierte Versicherungen, die eine sehr hochwertige medizinische Versorgung im Krankheitsfall ermöglichen. Allein das Angebot an vielen Zusatzversicherungen, die GKV-Versicherte abschließen können um aus dem GKV-Bereich herausgelöste Leistungen wieder versichert in Anspruch nehmen zu können, zeigt ja, dass es Versorgungssituationen gibt, bei denen die GKV nicht leistet, eine PKV jedoch sehr wohl.

Vorurteil 5: Wer einmal in der PKV ist, kommt niemals mehr zurück in die GKV

Roß: „Falsch, ein Wechsel zurück ist gesetzlich sogar verankert für entsprechende Situationen im Verlauf des Lebens. Der Gesetzgeber will andererseits aber  verständlicherweise vermeiden, dass Versicherungsnehmer in jungen Jahren von den niedrigen Beitragssätzen der PKV profitieren und im Alter in die dann vermeintlich günstigere GKV zurückkehren. Privat versicherte Angestellte können jedoch zurück, wenn ihr Einkommen unter der Versicherungspflichtgrenze liegt – derzeit bei 59.400 Euro. Selbstständige können zurückwechseln, wenn sie ein sozialversicherungspflichtiges Angestelltenverhältnis eingehen und dann ebenfalls unterhalb der Versicherungspflichtgrenze liegen. Ist man allerdings 55 Jahre oder älter, ist ein Wechsel kaum mehr möglich. Einziger Weg hier: Wer weniger als 425 Euro verdient oder einen Minijob unter 450 Euro ausübt, kann in die gesetzliche Familienversicherung des Partners aufgenommen werden.

So viel zu typischen Vorurteilen. Manche Vorzüge der privaten Krankenversicherung sind zudem weiten Kreisen der Bevölkerung unbekannt. Dazu zählt zum Beispiel die Stärkung der Eigenverantwortung. Privatversicherte können frei entscheiden, welche Leistungen sie versichern möchten. In vielen Tarifen sind Selbstbeteiligungen möglich. Wer sich dann gesundheits- und kostenbewusst verhält, verursacht weniger Ausgaben und kann eine Beitragsrückerstattung erhalten, falls in einem bestimmten Zeitraum keine Leistungen in Anspruch genommen wurden.

Ein weiterer Faktor ist die Aufklärung: Die PKV stellt jährlich mehr als 13,5 Millionen Euro für bundesweite Präventions-Aktivitäten zur Verfügung. Unterstützt werden zum Beispiel die die Arbeit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, der Deutschen Aids-Stiftung, die Prävention von Alkoholmissbrauch durch Kinder und Jugendliche und die Prävention von Pflegebedürftigkeit und für gesundes Älterwerden.

Dabei setzt die PKV auch eigenständige Ideen um. Die 2015 gegründete Stiftung Gesundheitswissen etwa erarbeitet laienverständliche Patienteninformationen auf Basis des aktuellen Wissensstandes. Damit spielt die PKV eine wichtige Rolle bei der Umsetzung des nationalen Gesundheitsziels „Gesundheitliche Kompetenz erhöhen, Patientensouveränität stärken.“

Autor:

Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Das Investment, Pfefferminzia und private banking magazin.