Neue Bertelsmann-Studie – Kosten für soziale Sicherung werden drastisch steigen

Die nachfolgende Generation muss künftig immer mehr schultern.© Pixabay

Neue Bertelsmann-Studie

Kosten für soziale Sicherung werden drastisch steigen

Es ist eine besorgniserregende Entwicklung: Die Überalterung der deutschen Gesellschaft lässt die Kosten für die soziale Sicherung in den nächsten 20 Jahren regelrecht explodieren. Zu dieser Einschätzung kommt eine Studie der Uni Bochum im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Besonders die jüngere Generation wird immer stärkere Lasten zu schultern haben.

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2010 Geborene werden demnach während ihres Erwerbslebens durchschnittlich rund 171.000 Euro mehr Sozialbeiträge zahlen müssen, um das heutige Leistungsniveau zu halten. Eine „generationsgerechte Lösung“ könnte im Ausbau der Privaten Pflegeversicherung liegen.

Immer höhere Sozialbeiträge für jüngere Menschen

Die Ausgangslage ist klar. Die Alterung unserer Gesellschaft schreitet trotz höherer Zuwanderungs- und Geburtenraten weiter voran und entwickelt sich zu einer gewaltigen Herausforderung für unsere sozialen Sicherungssysteme. Laut der Bertelsmann-Studie werden die Kosten für die soziale Sicherung von derzeit 890 Milliarden Euro jährlich bis 2045 auf etwa 1,6 Billionen Euro steigen. Die Folge ist eine immer stärkere Belastung der jüngeren Generation. Demnach werden die durchschnittlichen Sozialbeiträge eines Erwerbslebens von rund 570.000 Euro (Jahrgang 1970) auf 741.000 Euro (Jahrgang 2010) steigen – also um gut 171.000 Euro. Entsprechend werden die durchschnittlichen Beitragssätze der Sozialversicherungen von aktuell knapp 40 Prozent auf über 50 Prozent steigen. „Wenn wir aus so stark steigenden Sozialbeiträgen keine Konsequenzen ziehen, droht uns ein massiver Verteilungskonflikt zwischen Jung und Alt“, warnt Martina Lizarazo López, Demografie-Expertin der Bertelsmann Stiftung.

Private Pflegeversicherung für mehr Generationengerechtigkeit

Der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) fordert vor diesem Hintergrund einen Ausbau der privaten Pflegeversicherung. Nur so könne der prognostizierte Anstieg der Sozialbeiträge für zukünftige Generationen gedämpft werden. „Mehr Generationengerechtigkeit kann letztlich nur durch Maßnahmen erreicht werden, die die zukünftigen Beitragsanstiege in die Gegenwart verlagern und bereits die heutigen Generationen stärker zur Finanzierung der zukünftigen Pflegeausgaben heranziehen“, sagt Verbands-Direktor Volker Leienbach. Konkret: Alle privat Pflegeversicherten sollten Leienbach zufolge für ihre zukünftigen Pflegekosten eine nachhaltige Kapitalvorsorge bilden, „die sich in den letzten zehn Jahren von 17 Milliarden auf über 34 Milliarden Euro mehr als verdoppelt hat“.

Die Bertelsmann-Studie zeige deutlich, dass eine Ausweitung der Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung der falsche Weg seien und zukünftigen Generation nur eine untragbare Last aufbürdeten. „Die PKV steht für den Ausbau der kapitalgedeckten Säule bereit, und zwar in der Pflegeversicherung ebenso wie in der Krankenversicherung“, so Leienbach.

Demografie-Expertin fordert „Maßnahmen-Mix“

Demografie-Expertin López plädiert darüber hinaus für einen „abgestimmten Maßnahmen-Mix“, um die Kosten für die soziale Sicherung in den Griff zu bekommen. „Wenn es uns gelingt, einen moderaten Anstieg von Geburten und Zuwanderung mit einem höheren Beschäftigungsniveau zu kombinieren, lassen sich sowohl kurz- als auch langfristig positive Effekte für die Sozialfinanzen erzielen“, glaubt sie. „Mögliche Instrumente sind eine schnellere Erwerbsintegration von Zuwanderern, ein Anstieg der Erwerbstätigkeit und des Arbeitsvolumens bei Frauen und Migranten sowie eine Erhöhung der Regelaltersgrenze, die sich an der steigenden Lebenserwartung orientiert.“ Gefordert seien deshalb unterschiedliche Politikfelder wie etwa Bildungs-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Höhere Geburten- und Zuwanderungszahlen allein könnten den Alterungsprozess der Gesellschaft kaum beeinflussen. Nur das Drehen verschiedener Stellschrauben führe zu positiven Effekten. Der Anstieg der Sozialausgaben könne so im günstigsten Fall um 3 bis 5 Prozentpunkte gesenkt werden.